Leipzig, Berlin, Dresden, Halle, Rostock oder Magdeburg: die Platte gab es überall. In den 80er Jahren waren die Neubaugebiete aus ökonomischen Gründen über mehrere Jahre auch gleichzeitig immer eine Baustelle. Bauen und Wohnen fanden parallel statt und die Menschen mussten mit dem Unfertigen und Provisorischen zurechtkommen. Dieses Gelände, jenes Konglomerat von Bauzustand und »trautem Heim«, wurde von den Kindern begeistert aufgenommen. Sie verstanden es, aus der Not eine Tugend zu machen und diesen Zustand in ein kreatives, interessantes, abenteuerliches Spiel einzubeziehen. Baumaterialien, Betonplatten, Baugeräte, Schutt und Schlamm waren ihre Begleiter. Harald Kirschner dokumentiert am Beispiel Leipzig-Grünau, wie damals die Kinder selbstbewusst und fantasievoll ihr Umfeld in Besitz nahmen, wie sie sich ausprobierten, an Grenzen gingen und wie sie sozial miteinander agierten. Diese Abenteuerwelt war für die vielen Kinder ein großer Freiraum mit viel Eigeninitiative und Selbstverantwortung.
Katja Kirsche beschreibt in einem Essay an eigenen Kindheitserlebnissen diese spannende Zeit.
Über den Fotografen
Harald Kirschner, geb. 1944 in Reichenberg (Liberec/Tschechische Republik), wuchs in Altentreptow/Mecklenburg-Vorpommern auf. Nach der Fotografenlehre (1968–1973) studierte er Fotografie in Leipzig und war bis 1981 als Aspirant und Hochschullehrer dort tätig. Seither freischaffender Fotograf mit den Arbeitsschwerpunkten sozialdokumentarische Fotografie und Reportage; zahlreiche Ausstellungen, mehrere Bildbände im Mitteldeutschen Verlag. Er lebt und arbeitet in Leipzig-Grünau.