Mit der neuen Ostpolitik von Willy Brandt ließen die beiden deutschen Teilstaaten Anfang der 70er Jahre erstmals auf ihrem Territorium Stützpunkte des jeweiligen Gegners zu und erstrebten eine
Verständigung. Zwar gab es keine richtigen Botschaften, aber immerhin Vertretungen, die sich um die Belange hilfesuchender Bürger, um Häftlinge in den Gefängnissen, um Politikerreisen, die
Journalistenbetreuung oder den Kulturaustausch kümmerten. Die praktischen Alltagsfragen reichten vom grenzüberschreitenden Erbschafts- oder Vormundschaftsfall bis hin zum entflogenen Papageien
oder Fundsachen aus den Transitzügen. Immer wieder versuchten auch Flüchtlinge über die bundesdeutsche
Vertretung in Ost-Berlin ihre Ausreise zu erzwingen. Jacqueline Boysen rekonstruiert die Geschichte dieser ganz besonderen diplomatischen Vertretung anhand von Zeitzeugengesprächen und
Archivmaterialien aus dem Auswärtigen Amt, dem Kanzleramt und dem Bundesarchiv sowie aus den Hinterlassenschaften des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR.