Martin Morgner, geboren 1948, war ein authentisches Kind der DDR. Die ihm gewährten Bildungschancen nutzte er redlich, entwickelte sich aber während seines Studiums 1966-70 in Berlin-Ost anders, als es die Bildungspolitiker der Partei vorgesehen hatten. Stark beeinflusst von den Ideen der westdeutschen Achtundsechziger stieg er Anfang der siebziger Jahre aus der vorgezeichneten Lebensbahn aus und versuchte mehr oder weniger erfolgreich, seine eigenen Utopien zu verwirklichen: Kollektive Lebensformen, pazifistisches Engagement, politische Theaterarbeit.

Die autobiographische Chronologie „Zersetzte Zeit“ reflektiert diese Versuche während der politisch zugespitzten Periode von 1973-1984, in der sich auch das Schicksal des DDR-Staats entschied. Mit seinem an Marx geschulten analytischen Denken, dem von Brecht und Borchert geprägten poetischen Zugriff und von seinem lebenspraktischen Meister Karl Mickel geförderten Gedichten, Liedtexten und Theaterstücken mischte sich Morgner während dieser Zeit ins permanent kontrollierte und zensierte literarische Leben der DDR bestmöglich ein. Das Buch belegt mit den auf den rechten Seiten gedruckten lyrischen, dramatischen und journalistischen Texten den ‚ungeraden‘ Weg eines Autors, dessen Hakenschlagen vor der auf den ‚geraden‘ Seiten präsentierten, normierten Verfolgungsprosa der Genossen von der grauen Front des MfS. Fotos, Faksimiles und Grafiken skizzieren ein authentisches Bild vom realen Leben des Gejagten, der sich letztendlich nicht einfangen ließ.

Leipziger Literaturverlag

Erschienen: 18.03.2015

247 Seiten

Broschur

ISBN 978-3-86583-941-1

29.00 €